Das abruzzesische Handwerk hat seine Lebendigkeit und Schönheit niemals eingebüsst und wird heute durch eine neue Kreativität bereichert, die alte künstlerische Techniken wieder aufnimmt und damit eine besonders wichtige Tradition am Leben erhält. Jede Stadt der Region zeichnet sich durch spezielle handwerkliche Verarbeitungen aus. In Pescocostanzo (AQ), das seit jeher für seine Spitzenherstellung bekannt ist, überliefert man sich weiterhin die alte Kunst des Klöppelns, die den Frauen des charakteristischen Bergdorfes von den Benediktinerinnen von Cluny beigebracht wurde. Geschickte und schnell arbeitende Hände bewegen die Stäbchen auf dem runden Klöppelkissen und schaffen aus Baumwollgarn wertvolle Spitzen, die zum Teil traditionelle Muster aufnehmen und zum Teil durch neue Einfälle bereichert werden. Berühmt für ihre Spitzen sind auch die Stickerinnen von L'Aquila, bei denen der Überlieferung nach Marie Antoinette eine Reihe von Spitzen in Auftrag gab, um sie Papst Pius VII. zu schenken. Eine ebenso grosse Bedeutung hat die Spitzentradition in Scanno (AQ), wo diese Kunst von den Venetianern eingeführt wurde. Taranta Pegliana (CH) ist bekannt als Heimat der abruzzesischen Doubleface-Decken, die auf traditionellen Webstühlen gewebt und mit Blumenmotiven und langen Fransen verziert werden. Auf antiken Webstühlen und mit der Wolle der abruzzesischen Schafe werden die Wandteppiche von Penne (PE) hergestellt, die sich durch besondere Farben auszeichnen, die man durch färbende Kräuter erhält.
Besonders wichtig ist auch das verarbeitende Handwerk von Holz, Kupfer und Eisen. In allen Orten der Region werden Kupfertreibarbeiten hergestellt. Das Kupfer ist besonders in der Ortschaft Tossocoa (TE) zuhause, die für die Herstellung von Kupfertöpfen bekannt ist. Die Eisenschmieden von Guardiagrele (CH) sind dagegen bekannt für ihre Schmiedeeisenarbeiten, die sich durch unvorstellbare Feinheit auszeichnen. Auch Pescocostanzo und Lanciano (CH) können sich ihrer bewährten Tradition der Kupfer-und Eisenverarbeitung rühmen. Andere Orte wie Castel del Monte und Castel Vecchio Subequo (AQ), Farindola (PE), Pietracamela (PE) und Pretoro (CH) sind berühmt für Schnitzarbeiten aus Buchenholz. Sulmona (AQ) ist bekannt für die Goldschmiedekunst. Ein Zeugnis der antiken Herkunft dieser Verarbeitung ist die Abkürzung "Sul" in einer Ellipse auf den wertvollsten Schmuckstücken, die in der Stadt ab dem 13. Jh. hergestellt wurden. Die Filigranarbeit ist typisch für l'Aquila, Guardiagrele und Pescocostanzo. In letzterem Ort ist auch die Präge- und Treibarbeit verbreitet, was den Einfluss der neapolitanischen Schule bezeugt. Östliche Einflüsse sind dagegen deutlicher in der küstlerischen Herstellung von Scanno, wo das Silber dem Gold vorgezogen wird. Ausserordentlich bedeutend ist das Goldschmide-Handwerk in Guardiagrele, die Heimat von Nicola Gallucci, des grossen Goldschmieds, dessen Rafinesse die wertvollsten Goldschmiedearbeiten für die Kirche geprägt hat und auch die heutige Produktion noch prägt.
Auf dem Gebiet der Musikinstrumente nimmt die Kleinstadt Ortona (CH) den ersten Rang bei den Saiteninstrumenten ein, während Atri und Casoli (TE) für die Herstellung der "Ddù botte" bekannt ist, die abruzzesische Zieharmonika zur Begleitung von Volksliedern und Volkstänzen. Ein weiteres typisches Handwerk ist das der Majolika. Diese Tradition geht auf die Mitte des 13. Jh. zurück. Die Keramikherstellung ist besonders bedeutend in Rapino (CH) und Castelli (TE). Vor allem in letzterer Ortschaft werden in den Werkstätten, die vom Vater auf den Sohn vererbt werden, Keramiken nach traditionellen Verfahren hergestellt und mit lebendigen Farben auf weissem Grund dekoriert. Die vorherrschenden Farben Orange, Himmelblau, Gelb, Grün und Manganesblau, die für das Handwerk des 17. Jahrhunderts typisch sind, passen aufgrund ihrer lebendigen Farblichkeit gut zu den traditionellen Motiven der miniaturähnlichen Dekorationen und zu den modernen und ausgefallenen Formen. San Vincenzo Valle Roveto (AQ) wird als der Ort der Korbflechter bezeichnet, Loreto Aprutino (PE) dagegen als der Ort der Messerschmiede. Preturo und Secinaro (AQ) bewahren das alte traditionelle Handwerk der Schirmherstellung am Leben und Lettomanoppello (PE) die Verarbeitung des Steins der Maiella.